Reportage von Nika D. und Luisa F. (5B)
In einem Klassenraum voller Mädchen zu sitzen? Das ist doch unvorstellbar, doch so war es vor nicht allzu langer Zeit auch an unserer Schule. Abgesehen von den LehrerInnen, trifft man auf das andere Geschlecht, wenn überhaupt, nur in seiner Freizeit. Am Freitag wird man von den Burschen abgeholt um auch ein Leben nach der Schule zu führen und sich mit der Vespa ein Eis beim Ruckenbauer zu holen. Abends geht’s dann ins U4 oder Flex und am Samstag auch ins Motto. Welches Outfit du anziehst kommt ganz darauf an, zu welcher Gruppe du gehörst. Die Mods- Popperszene ist auf der Straße klar erkennbar durch Burberrymäntel, Parkerjacken und Co. So erzählte es uns die ehemalige Schülerin Jeanne Kumhera aus dem Maturajahrgang 1983 in einem Interview.
1921 wurde das wirtschaftliche Bundesrealgymnasium Haizingergasse, als Mittelschule für Mädchen gegründet. Von 1936 bis 1945 stand Ludwig Pohnert dem Bundesgymnasium als Direktor vor. Ab 1988 besuchten auch erstmals Buben die Schule. Seit ihrer Gründung kämpfte die Schule mit Raumnot: Bereits in den 1950er Jahren wurden Räume in der Volksschule Cottagegasse angemietet. Bis heute leidet die Schule unter Raumknappheit. Ab Juni 1998 wurde die Schule aus- und umgebaut und im Mai 2000 fertiggestellt. Seit dem Schuljahr 1999/2000 wird in der Unterstufe in jedem Jahrgang eine Freiarbeitsklasse angeboten. In der Oberstufe besteht die Möglichkeit zwischen dem neusprachlichen Gymnasium und dem Medienzweig zu wählen. Seit 2013 ist die Schule unter der Leitung von Manuela Wallner.
Laut unserer Interviewpartnerin Jeanne Kumhera war die Beliebtheit der Fächer früher sehr anhängig von den LehrerInnen, unserer Ansicht nach wurde diese Einstellung von den SchülerInnen der Haizingergasse beibehalten. Auch schon damals war die Kombination der Fächer Deutsch und Geschichte bei den LehrerInnen sehr beliebt. Unterschiede zur Gegenwart zeigen sich beispielsweise bei Schulveranstaltungen. Damals wurde ein großes Faschingsfest organisiert, ansonsten wurde dahingehend sehr gespart. Heute schaut das etwas anders aus, pro Semester wird ein Schulbandkonzert in der Szene Wien veranstaltet, doch wer lieber sein Tanzbein schwingen möchte, hat die Möglichkeit, Karten für den jährlichen Schulball zu besorgen. Auch Motto-Tage sowie Sweet Fridays finden in der Haizingergasse häufig statt.
Allgemein ist anhand dieser Reportage sehr gut erkennbar, wie stark sich die Haizingergasse in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat.
INTERVIEW:
Haizingergasse in den 70ern: „Zusammenhalt war das nicht, das war reine Stutenbissigkeit“
Interview von Luisa F. und Nika D.
Vor nicht allzu langer Zeit war das Gymnasium der Haizingergasse noch eine reine Mädchenschule. Wir haben Jeanne Kumhera interviewt, sie ist ehemalige Schülerin der Töchterschule. Durch ihre Erzählungen konnten wir uns einen Einblick rund um das damalige Schulleben verschaffen.
Wann bist du an die Haizingergasse gekommen und wann hast du maturiert?
Rechnet acht Jahre zurück, 1983 habe ich maturiert.
Wer war Direktor/-in?
Frank, und später in meinem Maturajahrgang war es Ebendorfer.
Findest du es sinnvoll Geschlechter in Schulen zu trennen?
Damals wurde die Schule als sogenannte höhere Töchterschule geführt und ich fand es ziemlich blöd. Zwei Jahre nachdem ich draußen war, waren die ersten Buben dabei. Ich habe mich immer geärgert, weil meine Schwester fünf Jahre nach mir schon eine gemischte Klasse hatte.
Wie viele Schülerinnen waren in deiner Klasse und wie viele Klassen gab es pro Jahrgang?
Am Anfang waren wir auf jeden Fall 30, sind aber sehr schnell viel weniger geworden. Es gab drei Klassen: Der naturwissenschaftliche Zweig und zweimal neusprachlich so viel ich mich erinnern kann. Ab der Siebten, Achten waren wir nur noch zu zwölft und dann zu zehnt und hatten das Biologiekammerl als Klasse. Klassenknappheit hat es immer gegeben, wir waren davor zweimal Wanderklasse.
Wie viele männliche Lehrer haben damals an der Schule unterrichtet, war das sehr ausgeglichen?
Nein ausgeglichen war das definitiv nicht, wir hatten einen Klassenvorstand in der Oberstufe, das war der Herr Prof. Lidl, den hatten wir in Physik und Mathematik. Dann gab es noch den Herr Prof. Maier, der hatte Mathematik, den Herr Prof. Hörhahn, der unterrichtete Chemie, und der Herr Prof. Weigl hatte Religion.
Wie war das Schulklima?
Ich bin relativ oft angeeckt, weil z.B. die Englisch Lehrerin meinte, “gebt mir einen Strick ich muss in die 8C” oder ich bin in die Direktion gewandert, weil gerade einmal vier Leute da waren. Mathematik und Latein Stunden zu viert sind ein Albtraum, aber es war so, also damals als wir zu zehnt noch waren. Wir haben auch einmal eine Schularbeit boykottiert. Da ich der Häuptling von dem Sauhaufen war, habe ich das natürlich rechtfertigen müssen. Als die wutentbrannte Direktorin mit der Französisch-Professorin in die Klasse kam und ich allein für die gesamte Klasse gesprochen hab, hat es dann langsam gereicht. Also Zusammenhalt war das nicht, das war Stutenbissigkeit. Das sind Dinge, die ich nicht so toll finde in einer reinen Mädchenschule, obwohl ich das eigentlich sehr toll finde, wenn Frauen das Sagen haben.
Hat dir der Unterricht in einer reinen Mädchenschule gefallen oder hättest du
dir Buben im Unterricht gewünscht?
Der Unterricht war sehr abhängig von den Professorinnen und Professoren. Meine absoluten Lieblingsfächer waren, Geschichte, Geografie und Deutsch und da hatten wir hervorragende Professorinnen. In Philosophie haben wir diskutiert und philosophiert, das war auch ein Traum, Bildnerische Erziehung war super. Mathematik und Physik waren nicht so toll, weil da unser Klassenvorstand seine administrativen Tätigkeiten gehalten hat. In Biologie hatten wir die Frau Prof. Binder die außer Zitronensäurezyklus in der Achten mit uns eigentlich nichts gemacht hat, weil sie uns jede Stunde klar machen wollte wie blöd wir sind, das war auch nicht so erfreulich.
Welche Auswirkungen hatte das Besuchen einer reinen Mädchenschule auf dein soziales Leben bzw. deinen Umgang mit Buben?
Gar keinen. Zwei Freundinnen und ich wurden manchmal von Jungs abgeholt, die auch ein Leben nach der Schule hatten. Was wir dann auch bei manchen Professoren durchkämpfen mussten. Ich sage nur Frau Prof. Läubel, Latein. Aber im Prinzip war es wurscht, es hat uns nicht geschadet und meinen Religionsprofessor habe ich später sogar geheiratet.
Was waren beliebte außerschulische Aktivitäten? Bekannte Treffpunkte?
Jetzt oute ich mich: Der Eissalon Ruckenbauer, am Samstag das Motto, das U4, später das Flex. Im Hawelka wurden wir einmal erwischt beim Schule schwänzen, das war peinlich, da hat uns die Frau Prof. Glaser abgeführt in die Schule.
Welche Jugendtrends gab es? (Kleidung, Musik,…) (Punks)
Die Mods- Popperszene war damals ziemlich in, die Vespa- Zeit, Burberry Mäntel und Parkerjacken und die Arafat-Schal Truppen, das waren die beiden Gegner. Dann gab es die dazwischen und die Nerds. Ich habe mich nie zu einer Gruppe deklariert eigentlich, ich fand das idiotisch.
Welche Fächer waren in deinem Jahrgang sehr beliebt bzw. nicht beliebt?
Wir hatten die Frau Prof. Läubel in Latein, das war eher eine Katastrophe, leider sehr persönlich für manche. Mathematik, Physik hätten wahnsinnig interessant sein können, ohne diesen administrativen Geschichten. In Geografie hatten wir eine unglaublich strenge Professorin. Wenn man das Glück hatte von ihr gemocht zu werden, dann war das super, ich hatte das Glück und hab mich dann aber auch wirklich ins Zeug gelegt, weil Frau Prof. Gärtner war sehr bekannt dafür, dass man sie in der ganzen Schule hörte, wenn ihr etwas nicht gepasst hat. Meine Freundin hatte große Schwierigkeiten mit ihr, ich Gott sei Dank nicht. Das hat aber zwischen ihr und mir zu Reibereien geführt und nicht mit der Frau Prof. Sonst war alles im grünen Bereich. Frau Prof. Glaser war eine hervorragende Professorin, Geschichte und Deutsch hat sie unterrichtet.
Wo lag der Fokus im künstlerischen Bereich?
Also Projekte haben wir gar keine gemacht, das war bevor sowas aufgekommen ist. Es wurden irgendwelche Themen angeschnitten und darüber geplaudert. Was ich mich erinnern kann, haben wir vielleicht noch einen Künstler vorgestellt bekommen. Frau Prof. Weiger haben wir glaube ich gehabt. Wir haben meistens im BE-Saal gezeichnet, gemalt. Ich habe lustigerweise meine Zeichnungen beim Ausräumen gefunden, war gar nicht so schlecht teilweise.
Was für Schulveranstaltungen haben stattgefunden?
Es gab mal ein großes Faschingsfest, da war ich in der Achten glaub ich. Wir hatten Projektwochen, die üblichen Wandertage und auch Skiwochen. Aber richtige Projekte in dem Sinn gab es damals noch nicht.
Hat deine Schulzeit zu deiner heutigen Berufswahl beigetragen?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe danach Medizin studiert. Ich bin nicht gleich das geworden was ich jetzt bin, das ist erst zehn Jahre später passiert.
OK- das war‘s schon, vielen Dank!
Danke!